Gustavo Tresselt. Schönbuch Braumanufaktur

Schon als Kind war Gustavo Tresselt oft in der Brauerei unterwegs. Denn sein Vater arbeitete bei der Polar Brauerei in Venezuela. Im Gespräch mit B&B erzählt er, wie es dazu kam, dass er heute in Böblingen braut, und woran er sich in der deutschen Bierkultur erst gewöhnen musste.
Gustavo Tresselt Brauerei
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Braumeister mit venezolanischen Wurzeln

Braumeister sind die heimlichen Stars der Branche. Gerade die Brauer mittelständischer Brauereien arbeiten häufig weitgehend im Verborgenen – obwohl sie oft eine herausragende Arbeit leisten. B&B stellt einige von ihnen vor, in diesem Newsletter Gustavo Tresselt von der Schönbuch Braumanufaktur im baden-württembergischen Böblingen.

B&B: Bitte erzähle ein wenig über dich. Woher stammst du? Wo hast du deine Ausbildung gemacht?

Gustavo: Geboren bin ich in Venezuela. Von 1999 bis 2002 habe ich meine Lehre zum Brauer und Mälzer in der Schönbuch Braumanufaktur gemacht. Von 2002 bis 2005 habe ich dann an der VLB in Berlin mein Studium zum Diplom-Braumeister absolviert. Danach bin ich nach Böblingen zurückgekehrt und habe zunächst als Leiter der Qualitätssicherung in der Schönbuch Braumanufaktur gearbeitet und dann seit 2005 als Braumeister und Technischer Leiter. Ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei tollen Töchtern. Zu meinen Hobbys gehören das Restaurieren von Oldtimern und das Reisen mit ihnen.

B&B: Warum hast du dich dazu entschlossen, als Brauer zu arbeiten?

Gustavo: Mein Vater war Technischer Direktor bei der Polar Brauerei in Venezuela. Schon damals war ich oft an seiner Seite in der Brauerei unterwegs und wusste, dass ich auch einmal Braumeister werden möchte. Ich mag den Umgang mit natürlichen Rohstoffen höchster Qualität, den spannenden Brauprozess und die große Vielfältigkeit, die man mit nur wenigen Zutaten erreichen kann.

B&B: Bitte erzähle ein wenig über die Schönbuch Braumanufaktur.

Gustavo: Früher gab es in Böblingen viele Brauerei. Anfang des 20. Jahrhunderts mussten alle schließen – außer der Schönbuch Braumanufaktur. Sie wurde 1823 als Brauerei Dinkelacker Böblingen von Stadtrat und Biersieder Carl Gottfried Dinkelacker gegründet. 1860 übernahmen seine Söhne Carl Christian und Wilhelm den Betrieb. Nach Unstimmigkeiten über die Entwicklung der Brauerei ging Carl Christian 1873 nach Stuttgart und gründete dort die Brauerei Dinkelacker, die es ja ebenfalls heute noch gibt. Um Verwechslungen zu vermeiden, strichen die Dinkelackers in Böblingen das c aus ihrem Namen. 1906 wurde die Brauerei in Schönbuch Bräu umbenannt. 2010 erfolgte dann die Umbenennung in Schönbuch Braumanufaktur.

Die Brauerei wird heute von Werner Dinkelaker und Götz Habisreitlinger, dessen Mutter eine geborene Dinkelaker war, geleitet. Insofern befindet sich die Brauerei heute in sechster Generation in Familienbesitz. Und Werners Sohn Lukas studiert gerade, wie schon sei Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater vor ihm, Brauwesen in Weihenstephan. Das Unternehmen ist eine regionale mittelständische Brauerei, die zudem drei Brauhäuser betreibt: eines in Böblingen, eines in Calw und eines in Stuttgart-City. Wir haben ein Sortiment von 15 Biersorten, darunter auch den saisonal erhältlichen Weizenbock.

B&B: Wie kam es dazu, dass du nach Deutschland gekommen bist und in der Schönbuch Braumanufaktur deine Ausbildung gemacht hast?

Gustavo: Nachdem ich mein Abitur im Juni 1999 in Venezuela gemacht habe, kam die große Frage, wo ich meine Ausbildung zum Brauer machen sollte. Direkt bei der Polar Brauerei? In den USA? Oder in Spanien? Mein Vater meinte damals klar und deutlich, dass ich nach Deutschland gehen soll, weil dort die Braukompetenz am höchsten ist!

Werner Dinkelaker hat 1991 ein halbes Jahr in der Polar Brauerei gearbeitet. Dadurch kannten wir uns, und es hat sich die Möglichkeit ergeben, eine Lehre in der Schönbuch Braumanufaktur zu absolvieren. Bevor ich meine Ausbildung beginnen konnte, musste ich allerdings einen sechsmonatigen Deutschkurs belegen.

B&B: Worin unterscheidet sich die deutsche von der venezolanischen Bierkultur?

Gustavo: Als ich nach Deutschland kam, hat mich die große Biervielfalt hier begeistert. So etwas kannte ich von Zuhause nicht. Damals in den 90er-Jahren gab es in Venezuela höchstens drei verschiedene Biersorten.

Eine große Umstellung für mich war die Trinktemperatur des Bieres in Deutschland. In Venezuela wird das Bier, bedingt durch das tropische Klima, bei knapp über 0 °C serviert – und in Deutschland meist bei 7° bis 10°C. Der Vorteil ist allerdings, dass die vielfältigen Aromen der verschiedenen Bierstile dabei viel besser zur Geltung kommen.

Die Fragen stellte Falk Osterloh.

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