Bierfestivals 2017

Zur neuen deutschen Bierkultur gehören auch die zahlreichen Festivals, die derzeit überall im Land stattfinden. Bier & Brauhaus hat einige von ihnen besucht.
CraftBierFestival-Regensburg-Zombräu

Neue Festivallandschaft

Zur neuen deutschen Bierkultur gehören auch die zahlreichen Festivals, die in diesem Sommer überall im Land stattgefunden haben. B&B hat sich bei den Organisatoren und Brauereien einmal umgehört, was sie antreibt und wie es gelaufen ist.

Eines der großen Festivals im Land ist das Craft Bier Festival Regensburg, das rund um Christi Himmelfahrt stattfand – in diesem Jahr zum dritten Mal. Auf dem Neupfarrplatz boten über 50 Brauereien weit mehr als 250 verschiedene Biere an. Dazu gab es Musik und Snacks. Wie zufrieden er mit dem diesjährigen Fest war, erzählt Organisator Thomas Raab im Interview (siehe unten).

„Craftbierfestivals sind extrem wichtig“
Das Craft Bier Festival Regensburg sei ihm von vielen Leuten, darunter Kunden und andere Aussteller, empfohlen worden, erzählt Tobias Merches, Braumeister von Zombräu aus dem nahen Mirskofen, der in diesem Jahr als Aussteller mit dabei war. Zudem liege Regensburg noch in der Reichweite des Liefergebiets, das sich bei Zombräu von Landshut bis München erstreckt. „Wir hatten alle acht Biere dabei, die wir im Sortiment haben“, erklärt er. Nicht nur wegen des schönen Wetters war er mit seiner Teilnahme sehr zufrieden. Am Stand konnte er mit vielen interessierten Leuten Gespräche führen. „Und was den Umsatz betrifft, kann man auch nicht meckern“, sagt Tobias.

Solche Festivals hält er für extrem wichtig, weil seinem Eindruck nach trotz der bereits langen Präsenz der Craftbierszene viele Leute noch Wissensdefizite haben. Zombräu sind Tobias und sein Bruder Bastian. Ihr Ziel ist es, bei ihren Rezepten zu experimentieren und vom Brauen ihrer Biere leben zu können. Derzeit beliefern sie vor allem kleinere Getränkemärkte. Für die Zukunft erwartet Tobias einen Umbruch im deutschen Biermarkt. Auch beim Reinheitsgebot wird es seiner Einschätzung nach Änderungen geben. „Die Zeit des klassischen Biers ist vorbei. Das Craftbier wird neben den herkömmlichen Bieren einen gleichberechtigten Platz finden“, meint er.

“Es bewegt sich gerade so an der Grenze des Aufwands“
Etwas andere Eindrücke vermittelt Sebastian Jakob, Braumeister des gleichnamigen und traditionsreichen Brauhauses in Nittenau. Das Brauhaus Nittenau ist von Anfang an beim Regensburger Festival dabei. „Bisher war viel los, und es hat sich rentiert mitzumachen“, erzählt Sebastian. Beim diesjährigen Festival bot die Nittenauer Brauerei ihr gesamtes Sortiment von 16 Bieren an – in etwa paritätisch verteilt auf traditionelle Biere und Kreativbiere. „Es waren weniger Besucher als zuletzt, es bewegte sich alles gerade so an der Grenze des Aufwands“, resümiert Sebastian.

Dennoch sind auch für ihn solche Festivals wichtig, um die neuen Biere und Bierstile zu präsentieren und darüber Informationen für die Endkunden zu vermitteln. Das Nittenauer Brauhaus hat als Braustätte eine über 250-jährige Geschichte. Unter diesem Namen firmiert es allerdings erst seit 1996. Und seit 2011 – da stieg Sebastian mit ein – werden auch Biere neuer Stile gebraut. Sein Brauhaus sieht er „auf einem guten Weg“, zumal der Endkonsument immer mehr Wert auf Qualität beim Bier, beim Brauprozess und bei den Rohstoffen lege. „Da ist der Preis dann nicht mehr so wichtig“, sagt er.

“Wir sind mit leeren Fässern heimgefahren“

Die meisten Bierfestivals werden von den Privatpersonen oder Unternehmen organisiert, die sie gegründet haben. Hin und wieder geht die Initiative aber auch von einer Stadt aus. „Es war das Jahr des 500-jährigen Jubiläums des Reinheitsgebots. Da wollten wir eine Bierveranstaltung im Programm haben“, erklärt Christian Schlager, Leiter des Innenstadtmanagements der Stadt Wertheim und ergänzt: „Außerdem bin ich Craftbierfan.“ Wertheim ist die nördlichste Stadt von Baden-Württemberg. Mit gut 23.000 Einwohnern ist sie zudem die größte im Main-Tauber-Kreis. Sie liegt etwa 30 Kilometer westlich vom unterfränkischen Würzburg.

Gute Erfahrungen mit Craftbier hatte man in Wertheim bereits im Vorjahr auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt gemacht. „Der Oberbürgermeister hat uns auf RTL Nitro gesehen“, erzählt David Hertl, Gründer der Braumanufaktur Hertl aus dem oberfränkischen Schüsselfeld. Die Redaktion der TV-Variante des Fleischmagazins Beef hatte David besucht und einen Film über seine Brauerei gedreht. „Danach hat mich der Oberbürgermeister angerufen und gefragt, ob ich Lust hätte, einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt von Wertheim zu haben“, erzählt er. David hatte Lust. Und er war begeistert: „Wir sind mit leeren Fässern heimgefahren.“

„Das ist schon anstrengend. Aber es lohnt sich.“
So war es klar, dass er auch beim 1. Wertheim Craft Beer Festival 2016 dabei sein würde. David hat Christian Schlager sogar bei der Auswahl der Brauereien beraten. Im ersten Jahr kamen etwa 1.300 Besucher, die insgesamt 40 verschiedene Biere verkosten konnten. Organisatoren und teilnehmende Brauereien waren sehr zufrieden. Die Fortsetzung gab es in diesem Jahr am Wochenende vom 17. auf den 18. Juni im großen Saal des Rathauses und draußen auf der Terrasse, die direkt an der Tauber liegt. „Eine wunderschöne Location“, sagt der 27-jährige ausgebildete Brauer und Mälzer. „Und das Wetter war auch gut.“ In diesem Jahr nahmen sieben Brauereien und Brauer teil: neben gestandenen Mittelständlern wie der Distelhäuser Brauerei und Gasthausbrauereien wie der Brauerei Zwanzger aus Mittelfranken waren Craftbrauer wie die Nikl Bräu aus Pretzfeld oder Eppelein & Friends aus Nürnberg dabei – und mit Harald Haas sogar ein Hobbybrauer.

Die Zahl der Gäste ging dieses Jahr allerdings auf 700 zurück. Schlager schiebt das auf das niedrige Werbebudget. „In diesem Jahr gab es keine Radiospots“, sagt er. David Hertl war dennoch zufrieden. Auch er betont allerdings, dass Brauereien auf Festivals auch Geld verdienen müssten. Meistens funktioniere das, aber nicht immer. In diesem Jahr waren David und sein Team auf insgesamt 25 Festivals. „Das ist schon anstrengend“, sagt er. „Aber es lohnt sich auch.“

„Am besten ging unsere Gurkengose“
In Wertheim hatte David fünf verschiedene Sorten dabei. „Am besten gingen unser Kellerbier und die Gurkengose“, erzählt er. Warum gerade die Gurkengose? David: „Weil das verrückt klingt. Die Leute sind neugierig. Und so etwas haben sie noch nie getrunken.“ Mit dabei waren außerdem das Motoröl, der Bourbon-King und das Burton Ale, gebraut mit Kreuzkümmel. Gurken und Kreuzkümmel? Gibt es da in Bayern nicht Ärger mit den Behörden? „Schon“, sagt David. „Aber wir brauen so kleine Sude. Da ist das Bier längst ausgetrunken, bevor die Behörden uns zu Leibe rücken können.“ David braut 180 Liter pro Sud. Da kann er viel ausprobieren. Letztes Jahr hat er auf diese Weise insgesamt 44 verschiedene Sorten gebraut.

Gerade hat die Hertl Braumanufaktur übrigens ein neues 500-Liter-Sudhaus erhalten. David will expandieren – allerdings ausschließlich in der Region. Mittlerweile gibt es sechs Mitarbeiter im Betrieb. Zudem gehört den Hertls auch die Bierothek in Bamberg. Obwohl in diesem Jahr weniger Besucher gekommen sind, war auch Christian Schlager von der Stadt Wertheim zufrieden. So steht dem 3. Wertheim Craft Beer Festival im kommenden Jahr nichts mehr im Wege. Und auch darüber hinaus hat die Stadt noch nicht genug vom Bier. So bald wie möglich will sie eine eigene Brauerei eröffnen. Einen Brauer dafür sucht sie noch. Falls jemand Interesse hat …

Markus Bauer, Falk Osterloh

Interview. Thomas Raab, Organisator des Craft Bier Festivals Regensburg

B&B: Zum dritten Mal habt ihr in diesem Jahr das Craft Bier Festival Regensburg organisiert. Wie ist es gelaufen?

Thomas: Wir hatten an den drei Tagen zwischen 12.500 und 14.000 Besucher. Das waren zwar weniger als im letzten Jahr, aber dieses Jahr hatten wir auch andere Rahmenbedingungen: schönes Wetter, zugleich Dult in Regensburg und das unverhoffte Aufstiegsspiel Jahn Regensburg gegen TSV 1860 München.

B&B: Wer seid ihr? Bitte erzählt etwas über euch.

Thomas: Hauptberuflich haben wir eine Werbeagentur, wir vermarkten Universitäten und Studentenwerke. Ich selbst bin Diplom-Informatiker, der Kollege Martin Schwenke hat Jura studiert. Das Craft Bier Festival war der Startstein, um in die Branche hinein zu schnuppern. Mittlerweile haben wir einen Einzelhandel und einen Getränkehandel nebenbei und sind Mitteilhaber der biretta-Bierbar in Regensburg, die an 19 Hähnen 140 Biere anbietet.

B&B: Welche Hürden gibt es beim Organisieren eines solchen Festivals?

Thomas: Die Zusammenarbeit mit der Stadt Regensburg ist sehr gut. Hürden sind vor allem die vielen unterschiedlichen Arten von Genehmigungen, die man braucht, und die Sicherheitskonzepte, die immer anspruchsvoller werden. Aber miteinander haben wir diese gut umgesetzt – und es passt soweit alles.

B&B: Wie habt ihr das Festival beworben?

Thomas: Wir haben einen großen Medienmix aufgestellt: die digitalen Werbemaßnahmen von Facebook über Bannerschaltung bis zu Stadtportalen. Dazu große Einzelplakate, bayernweit eine Flugblattverteilung, eine Woche lang Radiospots bei Radio gong fm sowie Plakate an Universitäten in ganz Bayern, um auch Interessenten außerhalb von Regensburg anzusprechen.

B&B: Und wie geht es weiter?

Thomas: Der Termin für 2018 steht schon: vom 9. bis 11. Mai. Die Stadt fördert das Festival jetzt auch und sieht, dass es eine tolle Chance ist zu zeigen, dass Bier in Regensburg zu Hause ist.

B&B: Welche Rolle spielen Festivals innerhalb der neuen deutschen Bierkultur?

Thomas: Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen kostenpflichtigen und eintrittsfreien Festen. Die kostenpflichtigen Feste schießen derzeit überall in Deutschland wie Pilze aus dem Boden. Aber so viele Festivals überfordern den Verbraucher. Besser wäre es, wenn man sich auf fünf bis acht große deutsche Festivals verständig würde, wo dann Regionen zusammenkommen und man auch ein tolles Ausstellerfeld bieten kann. Wenn wir, wie jetzt, 100 unterschiedliche kleine Bierfestivals haben, können das die Brauereien gar nicht wahrnehmen.

Die Fragen stellte Markus Bauer

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