Gesellschaft für Hopfenforschung e.V.

Förderung der Wissenschaft und der Forschung im Bereich des Hopfenbaus
Mit Neuzüchtungen und verbesserten Anbaumethoden zu einer nachhaltigen Hopfenversorgung für die deutsche und internationale Brauwirtschaft
Foto: Gesellschaft für Hopfenforschung e.V

Die Gesellschaft für Hopfenforschung (GfH) ist ein Verein zur Förderung der Wissenschaft und der Forschung im Bereich des Hopfenbaus mit aktuell ca. 430 Mitgliedern weltweit. Seit fast 100 Jahren besitzt und betreibt die GfH das Hopfenforschungszentrum in Hüll, das seit der Gründung als Selbsthilfeorganisation zur Sicherung der Versorgung mit qualitativ hochwertigem Hopfen der Brauwirtschaft ständig weiterentwickelt und modernisiert wurde. Forschungspartner der GfH ist die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die mit dem Arbeitsbereich Hopfen des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ 5) im Hopfenforschungszentrum Hüll, aber auch an den Standorten Wolnzach und Freising arbeitet. Über 80 % der deutschen Hopfenanbaufläche sind mit Sorten aus der Züchtung des Hopfenforschungszentrums Hüll bepflanzt. Und auf der restlichen Fläche überwiegen die alten Landsorten Tettnanger, Spalter, Hallertauer Mittelfrüh und Hersbrucker. Die Hüller Züchtungen haben mehrfach für das wirtschaftliche Überleben und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Hopfenanbaus gesorgt und bilden eine gute Basis für den Fortbestand der landwirtschaftlichen Betriebe, der Hopfenverarbeitungs- und Hopfenhandelswirtschaft sowie für die Versorgung der Brauwirtschaft mit vielseitig einsetzbarem und gesundem Hopfen.

Anbau, Pflanzenschutz, Ernte – sicher

In enger Zusammenarbeit mit der LfL arbeiten fünf Arbeitsgruppen an der ständigen Verbesserung der Anbau- und Erntetechnik, der Hopfenanalytik, der Züchtung neuer und vor allem klimatoleranter und gesünderer Sorten sowie an der Gesunderhaltung des Hopfens und der Förderung der Biodiversität in den Hopfengärten. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln konnte durch das Zusammenwirken von Züchtung und den integrierten Pflanzenschutz sowie durch den Aufbau von Monitoringsystemen und Prognosemodellen erheblich gesenkt werden. Die Versorgungssicherheit der Brauwirtschaft war trotz oft starker Witterungsschwankungen immer gewährleistet. Ernteausfälle durch extreme Krankheiten oder Schädlingsbefall konnte seit der Gründung der GfH im Jahre 1926 bisher vermieden werden.

Neuzüchtungen – immer

Erfolgreichste Neuzüchtung aus den vergangenen Jahren sind die Sorten Mandarina Bavaria, Ariana und Callista. Sie finden Eingang in viele klassische Bierrezepte und eignen sich auch zur Geschmacksdifferenzierung im Bereich des Hopfenstopfens. Gerade in den Jahren, in denen extreme Trockenheit die älteren Zuchtsorten Perle und Hallertauer Tradition im Ertrag und bei den Inhaltsstoffen stark einbrechen ließ und deren Verfügbarkeit nicht immer gegeben war, haben sich Braumeister an die neuen Sorten gewagt und exzellente Ergebnisse erzielt. Manchmal muss die Natur eben ein bisschen nachhelfen, um den nachhaltigeren Zuchtfortschritt auch in die Rezepturen der Brauereien zu bringen. Dies ist besonders bei Aromasorten verständlicherweise mit vielen Brauversuchen und Verkostungsrunden ein langwieriger Prozess. Denn bei aller Nachhaltigkeit soll der Biergeschmack auf keinen Fall leiden.

Seit 2020 und 2021 werden in Zusammenarbeit mit dem Hopfenhandel und den Pflanzerbetrieben die beiden Neuzüchtungen Diamant und Aurum in den Markt eingeführt und gleichzeitig Anbaufläche für eine der Nachfrage entsprechenden Verfügbarkeit der Sorten aufgebaut. Sie zählen zu den feinen Aromasorten und wurden als klimaangepasste und ertragsstabilere Sorten in Ergänzung zu den hochfeinen Landsorten Spalt Spalter und Tettnang Tettnanger gezüchtet. Das Feedback aus den Brauereien, die die Sorten bereits in klassischen Standardrezepturen integriert oder neue Bierstile kreiert haben, ist hervorragend. Nach einer etwas überzogenen Nachfrage aus der Brauwirtschaft direkt nach der Sortenvorstellung müssen sich nun Angebot und langfristige Nachfrage zusammen nach oben entwickeln. Die Sorten wurden vom Aromaprofil sehr nahe an ihren „Müttern“ gehalten und geben die typische, dem Saazer Formenkreis entsprechende klassische Hopfenaromatik, die Braumeister von den Sorten Tettnang Tettnanger und Spalt Spalter kennen, wieder. Eine vertragliche Absicherung der Bedarfsmengen ist für die Planungssicherheit bei Produktion und Einkauf noch sehr zu empfehlen.

Nachhaltigkeit aus traditionellem Selbstverständnis

Doch wird im Hopfenforschungszentrum Hüll nicht nur in Richtung Nachhaltigkeitsverbesserung und Aromadiversifizierung gezüchtet. Seit mehreren Jahrzehnten kümmert sich das Team um Dr. Elisabeth Seigner und Anton Lutz auch um die Weiterentwicklung von Zwerghopfensorten für den Anbau auf Niedergerüstanlagen, die beispielsweise in England weit verbreitet sind, sowie um Hopfen mit besonderen Eigenschaften. So wurde beispielsweise 2020 eine neue Hopfensorte im europäischen Sortenregister angemeldet, die einen besonders hohen Anteil an Xanthohumol hat. Die Namensfindung war im Vergleich zu anderen Hopfensorten einfach, denn der Name sollte zugleich auf die besondere Eigenschaft des Hopfens hinweisen: „Xantia“ wird zwar aktuell lediglich auf ca. 20 ha Fläche für die Erzeugung von Xanthohumol-Produkten angebaut, die in der medizinischen und pharmazeutischen Industrie Verwendung finden, könnte aber auch zum Brauen verwendet werden.

Hopfennamen bitten zum Tanz, aus gutem Grund

Im Vergleich zu Xantia ist die Namensfindung für neue Hopfensorten generell nicht einfach. Bestes Beispiel ist hier Mandarina Bavaria. Natürlich wollte man mit dem Namen insbesondere in der damals auch in Deutschland Fuß fassenden Craftbeer-Szene ausdrücken, dass der Hopfen bei späten Gaben und beim Hopfenstopfen zitrusfruchtartige Aromen mit Noten von Orange und Mandarine ins Bier bringen können. Man hat dabei leider nicht bedacht, dass der Hopfen, der sich natürlich auch für konventionelle Biere hervorragend eignet, in der gedanklichen Schublade der speziellen Aromahopfen landet. Somit werden Braumeister, die aus Nachhaltigkeitsgründen einen Substitutionshopfen für ältere Sorten suchen, Mandarina Bavaria gar nicht in Betracht ziehen. Schade, denn aktuell werden größere Flächen der hervorragenden Sorte gerodet, weil sie im Markt nicht genug Nachfrage erfährt, obwohl sie weit mehr Potenzial hätte, als ihr Name verspricht.

Beim jüngsten Kind aus der Hüller Züchtung, einem klassischen Aromahopfen, sollte das nicht passieren. Natürlich hatten die Mitarbeiter des Züchtungsteams selbst schon ein paar Ideen, die international funktionieren und vor allem noch nicht besetzt sind. Im vergangenen Sommer hat das BR-Fernsehen dann am Hopfenforschungszentrum eine Doku zum Thema „Wie eine Hopfensorte entsteht“ gedreht. Während der Dreharbeiten entstand die Idee, dass die Doku mit der öffentlichen Suche nach dem Namen für den im Film exemplarisch gezeigten Zuchtstamm 2011/02/04 enden könnte. Gesagt, getan! Nach der Ausstrahlung wurde die Namenssuche über die Social-Media-Kanäle des BR und über Radiobeiträge gestartet. Die Gesellschaft für Hopfenforschung hat die Namenssuche über ihre eigene Kommunikation verstärkt und bekam eine Menge toller Namensvorschläge eingereicht. Die besten wurden mit Preisen belohnt. „Tango“ war der Vorschlag eines engagierten Hallertauer Hopfenpflanzers, der ihm natürlich beim Bier in geselliger Runde einfiel. Tango eröffnet damit auch eine neue Namensreihe für Hopfen, die den geforderten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Sie sollen alle Namen aus der Welt der Musik erhalten. Tango tritt als Sorte in die Fußstapfen ihrer Großmutter Hallertauer Tradition. Mit einem klassischen Aromaprofil und den agronomischen Eigenschaften einer modernen Zukunftssorte wird Tango ein wichtiger Baustein bei der Neuausrichtung des deutschen Hopfenbaus im Hinblick auf Biodiversität, Grundwasserschutz, Klimawandel und Reduzierung von Pflanzenschutzmaßnahmen sein. Für den Hopfenmarkt bedeuten klimaangepasste Sorten Liefersicherheit und Marktstabilität sowie am Ende mehr Wirtschaftlichkeit.

Klimaangepasste Alleinstellungsmerkmale – qualitätsorientiert

Selbstverständlich stehen auch im Hochalphabereich schon neue, klimaangepasste und gesündere Sorten in den Zuchtgärten oder bereits im Praxisgroßversuch wie beispielsweise die Kreuzung mit der Nummer 2011/71/19. Mit ca. 17 % Alphasäuren und 3,3 ml/100 g Gesamtölgehalt sowie verbesserten Resistenzen und Toleranzen, einer guten Stockgesundheit und einem hervorragenden Dolden- zu Restpflanzenverhältnis bringt der Zuchtstamm alle Eigenschaft mit, die ihn neben Herkules und Polaris zu einem weiteren Alphalieferanten machen könnten. Dies würde die aktuell nicht ungefährliche Konzentration auf nahezu eine Hochalphasorte (Herkules) etwas entspannen. Im Sommer 2020 wurde der Zuchtstamm auf mehreren Standorten und unterschiedlichen Bodenqualitäten für die großtechnischen Anbau- und Verarbeitungsversuche ausgepflanzt. Mit einer Anmeldung des Zuchtstamms als Sorte ist frühestens nach drei Jahren Anbauerfahrung zu rechnen. Doch bis dahin muss 2011/71/19 erst noch beweisen, ob sich seine Alleinstellungsmerkmale wie die Mehltauresistenz und sein mittelfrüher Reifezeitpunkt bei gleichem Alphaertrag je Hektar wie Herkules im Praxistest bewähren.

Bei der Züchtung neuer Hopfensorten steht in erster Linie die hohe Qualität, die die Brauwirtschaft weltweit von Hopfensorten aus Deutschland erwartet. Des Weiteren spielen klimatische und umweltpolitische Vorgaben eine immer größere Rolle. Wenn man sich klar macht, dass die Kreuzungen von heute frühestens in zehn Jahren als Sorten zur Verfügung stehen, wird natürlich in sehr viele Richtungen gezüchtet und geforscht, um einen breit aufgestellten Genpool und viele Möglichkeiten der Markteinführung zu haben. Mit neuen Züchtungstechniken, aber auch mit dem agronomischen Ziel „low input – high output“ sieht die GfH die Züchtungsforschung in Hüll breit und gut aufgestellt, damit der Hopfen- und Brauwirtschaft immer die passenden Sorten zur richtigen Zeit zur Verfügung stehen. „Wir würden uns sehr freuen, wenn der für die Zukunftssicherung der Rohstoffversorgung so dringend notwendige Zuchtfortschritt auch zeitnah in den Rezepturen der Brauereien Eingang findet“, appellierte Dr. Michael Möller, Chef des Münchner Hofbräuhauses und Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Hopfenforschung bei der letzten Mitgliederversammlung des Vereins. Bisher ist die Landwirtschaft schneller bereit, neuen Sorten eine Chance zu geben, als die Brauwirtschaft. Auch hier werden sich Angebot und Nachfrage angleichen und zusammen entwickeln müssen.

Auch wenn die Neuvorstellung von Sorten und der Zuchtfortschritt an sich sehr öffentlichkeitswirksam sind, ist die Züchtungsforschung nur eine von fünf Arbeitsbereichen am Hopfenforschungszentrum. Aktuell beschäftigen die Arbeitsgruppen z.B. die Multifidole und ihr Einfluss auf die Bitterqualität, die Effizienz der Hopfentrocknung zur CO2-Einsparung, der integrierte Pflanzenschutz und die Zulassung und Bewertung neuer, auch natürlicher Pflanzenschutzmethoden, neue Bewässerungskonzepte mit Düngeeinspeisung (Fertigation) und die damit verbundene Stickstoffbilanz in Pflanze und Boden. Ein sehr großes und langwieriges Forschungsgebiet sind auch Maßnahmen zur Sanierung von mit Welke oder Citrus-Viroid befallenen Hopfengärten.

Forschung, Klima, Kooperationen

Wie den aktuellen Forschungsthemen zu entnehmen ist, sind die wichtigsten, in der Zukunft zu bearbeitenden Forschungsthemen der Klimawandel und die damit einhergehenden Herausforderungen bei der Bewässerung und der Bekämpfung neuer Krankheiten und Schädlinge. Auch die Umsetzung der Düngeverordnung, der Grundwasser- und Gewässerschutz, drastische Einschränkungen im chemischen und konventionellen Pflanzenschutz für mehr Biodiversität, neue Züchtungstechniken und über allem die oft sehr negative und entfremdete Sicht von Politik und Öffentlichkeit auf den Bereich landwirtschaftliche Produktion, zu der eben auch der Hopfenbau zählt sind weitere Herausforderungen, denen nicht nur kommunikativ, sondern mit wissenschaftlichem Unterbau entgegengetreten werden muss.

Die Kooperation aus GfH und LfL als „Private Public Partnership“ ist ein Erfolgsmodell, das in der Hopfenforschung weltweit einzigartig ist. Auch wenn in den vergangenen Jahren viel bewegt und die richtigen Schritte für ein heute gut aufgestelltes Hopfenforschungszentrum zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen gemacht wurden, ist die GfH in einem stetigen Wandel. „Ich bin glücklich, zusammen mit meinen Vorstandskollegen und dem gesamten Team die Neuausrichtung des Hopfenanbaus in Deutschland mit gestalten zu können“, versichert Dr. Möller. „Das Hopfenforschungszentrum ist kein starres System. Wir freuen uns über den Input unserer Mitglieder und derer, die es noch werden möchten, aus der Praxis und versuchen, zeitnah Strukturen und Lösungen für die kommenden Herausforderungen in der Hopfen- und Brauwirtschaft anzubieten.

Weitere Informationen: www.hopfenforschung.de

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Gesellschaft für Hopfenforschung e.V.

Diesen Beitrag finden Sie auch in unserem Magazin Bier & Brauhaus, Ausgabe 51 Herbst 3-21,
Seite 38-41!
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