Bayerisches Bier – ein kulinarisches Erbe

Seit 2001 ist „Bayerisches Bier“ eine geschützte geographische Angabe (g.g.A.). Durch sie wissen Kunden, dass ihr Bier nach traditionellen Verfahren in Bayern hergestellt wurde.
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„Bayerisches Bier“ ist ein Qualitätssiegel

Weißbier – einst das Bier des Adels – befindet sich unaufhaltsam im Niedergang: Keiner will es mehr kaufen, auch in Bayern ist untergäriges Bier jetzt beliebter. Immer mehr Brauhäuser müssen den Betrieb einstellen. Weißbier gehört der Vergangenheit an. Nur Georg Schneider will das nicht glauben: Er verhandelt mit König Ludwig II., das seit über 250 Jahren bestehende Staatsmonopol zum Brauen und Vertrieb von Weißbier aufzulösen. 1872 hat er Erfolg und gründet die Firma G. Schneider & Sohn.

Heute hat sich das Unternehmen gewandelt – und ist sich zugleich treu geblieben. Das Brauereigelände in München wurde im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört. Daher brauen die rund 100 Mitarbeiter jetzt am zweiten Stammsitz in Kelheim mit heimischen Rohstoffen nach dem Bayerischen Reinheitsgebot. Geführt wird der Betrieb immer noch von Georg Schneider. Er ist der sechste, der diesen Namen trägt. Seit dem Jahr 2000 trägt er auch die Verantwortung für das Unternehmen.

Doch allein das Besinnen auf die eigene Herkunft und die Wertschätzung der Traditionen reicht nicht aus, um auf dem Markt erfolgreich zu sein. Georg Schneider ist daher stets damit beschäftigt, neue Kreationen zu entwickeln und sich so den Anforderungen des Marktes anzupassen, ohne Altbewährtes preiszugeben. Er exportiert mittlerweile ein Viertel seines Ausstoßes ins Ausland – in derzeit 39 Ländern kann man seine Produkte kaufen.

Damit seine Kunden im In- und Ausland sich darauf verlassen können, dass sie authentischen Genuss bekommen und nicht lediglich ein Bier, das irgendwo auf der Welt nur „nach bayerischer Art“ gebraut wurde, ist Georg Schneider der Schutzgemeinschaft Bayerisches Bier g.g.A. gleich nach ihrer Gründung im Jahr 2001 beigetreten: „Das Siegel ist eine schnelle und gute Orientierung für alle, die ein echtes bayerisches Bier trinken wollen.“

Eingeführt hat das Gütesiegel die Europäische Union (EU). Die Abkürzung g.g.A. steht für geschützte geographische Angabe: Ein so gekennzeichnetes Agrarprodukt oder Lebensmittel wird in seiner Ursprungsregion und nach traditionellen Verfahren und Rezepten hergestellt. Mindestens eine der Produktionsstufen – also Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung – findet im Herkunftsland statt.

So reiht sich das Bayerische Bier ein neben Champagner und Parmaschinken, Südtiroler Speck und Nürnberger Rostbratwürste: All diese Produkte werden von der EU als regionaltypische Spezialitäten geschützt und tragen eines der drei gesetzlichen Gütesiegel. Zwei davon, die geschützte geographische Angabe und die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.), geben dabei einen klaren Hinweis auf die Herkunft der Produkte.

Europaweit sind derzeit 1380 Lebensmittel mit einem der beiden Gütesiegel ausgezeichnet. In Deutschland stehen 90 Produkte unter dem Herkunftsschutz geschützte geografische Angabe oder geschützte Ursprungsbezeichnung, rund 30 der europaweit geschützten Schmankerl kommen aus Bayern.

Beim Bier ist Deutschland mit neun registrierten Ursprungsbezeichnungen Spitzenreiter in der EU – mehr als ein Drittel der insgesamt 26 g.g.A.-Biere stammen von hier: Bayerisches Bier, Bremer Bier, Dortmunder Bier, Hofer Bier, Kölsch, Kulmbacher Bier, Mainfranken Bier, Münchner Bier, Reuther Bier – sie alle dürfen das Signet tragen und belegen damit, dass ihre Herstellung nach bestimmten Grundsätzen erfolgt. Münchner Bier g.g.A. beispielsweise muss in gewissen Brauereien im Stadtgebiet Münchens nach einem dokumentierten Verfahren gebraut werden. Zudem wird geprüft, dass es bestimmte Kriterien in Bezug auf Stammwürzegehalt und Farbe aufweist.

Einen Namen, der als geschützte geographische Bezeichnung geschützt ist, dürfen Hersteller aus anderen Regionen nicht verwenden. Auch wörtliche und bildliche Anlehnungen sind untersagt. Für Bayerisches Bier g.g.A. bedeutet das: Ein Bier aus anderen Gegenden darf auch nicht als Bayrisch Bier bezeichnet oder als nach bayerischer Art gebraut beschrieben werden; die Verwendung von blau-weißen Rauten auf dem Label ist ebenfalls nicht erlaubt. Damit soll das Gütesiegel Produkte vor Nachahmung schützen. So dient es einem fairen Wettbewerb, aber auch den Interessen der Verbraucher. Der Kunde hat mit dem Siegel weltweit die Garantie, dass das gekaufte Bier keine billige Nachahmung ist, sondern in der vorgeschriebenen Weise, aus exakt definierten Rohstoffen und in Bayern produziert wurde.

Nur Biere, die nach den Vorschriften des Bayerischen Reinheitsgebots und in einer der rund 600 bayerischen Brauereien hergestellt wurden, dürfen als Bayerisches Bier vermarktet werden. Auch der Gehalt an Stammwürze und Alkohol und die Farbe der Biere sind festgeschrieben, um ihren Charakter zu bewahren und die Spezialitäten vor „Verwässerung“ zu schützen. So lässt sich ein weiteres Ziel erreichen, das die EU mit der Vergabe der Gütesiegel verfolgt: die dauerhafte Gewährleistung der Qualität von Lebensmitteln. Die EU-Zeichen sollen ein immer gleichbleibendes Geschmackserlebnis auf hohem Qualitätsniveau garantieren. Verbraucher sollen die geliebten traditionellen Genüsse an ihrem einzigartigen Duft und dem vertrauten Geschmack eindeutig erkennen. Dies wird durch strikte Prüfverfahren und regelmäßige Kontrollen sichergestellt.

Derzeit profitieren 85 bayerische Brauereien – von der Aktienbrauerei Kaufbeuren bis zur Privatbrauerei Zötler – vom Status der geschützten geografischen Angabe g.g.A. Eine weitere Brauerei, die das Siegel führen darf, ist St. GeorgenBräu im oberfränkischen Landkreis Bamberg. Bereits seit 1624 wird in Buttenheim Bier gebraut – damit ist das mittelständische Unternehmen eine der ältesten Familienbrauereien Frankens.

Dass Norbert Kramer diese Tradition einmal fortführen würde, daran hätte er nie gedacht. Dabei ist er seit seiner Jugend eng mit dem Unternehmen verwachsen: Hier begann er seine Ausbildung zum Brauer und Mälzer, nach dem erfolgreichen Abschluss arbeitete er lange als Brauer in der Brauerei. Später wechselte er ins Management. So erlebte und gestaltete er die Entwicklung der Brauerei St. GeorgenBräu über Jahrzehnte mit – bis für das Unternehmen im Jahr 2009 plötzlich turbulente Zeiten anstanden: Die Nachfolge im Familienunternehmen war nicht mehr gesichert, schließlich entschied sich die Besitzerfamilie Modschiedler, St. GeorgenBräu zu verkaufen. Norbert Kramer und seine Frau mussten nicht lange überlegen. Sofort war beiden klar gewesen, dass sie die Brauerei übernehmen würden. Diese Entscheidung haben sie nie bereut – auch wenn es, wie in jedem Unternehmen, kleinere und größere Herausforderungen zu meistern gibt.

Seit der Übernahme von St. GeorgenBräu hat Kramer als Geschäftsführer zahlreiche Neuerungen in Angriff genommen. Manche bleiben der Öffentlichkeit verborgen – so beispielsweise die Investition von über 2,5 Millionen Euro in die technische Ausstattung der Brauerei. Mit der modernen Flaschenabfüllanlage verbunden ist aber auch die Umstellung auf die Euro-Flasche, ein für St. GeorgenBräu bis dahin komplett neues Gebinde. Kramer möchte die Tradition seines Unternehmens auch durch die passende Verpackung sichtbar machen und hat erkannt: Die Euro-Flasche transportiert diesen Wert perfekt. Zeitgleich mit der Umstellung der Flaschenform hat die Brauerei auch alle Etiketten und ihren medialen Außenauftritt neu gestaltet – frisch und modern, aber doch gleichzeitig traditionsbewusst.

Nicht nur im technischen und gestalterischen Bereich hat sich seit der Übernahme durch Kramer viel getan. Auch eine neue Bierkreation hat der Brauereichef eingeführt: den Buttenheimer Hopfenzupfer, der einmal im Jahr gebraut wird. Dafür verwendet die Brauerei selbst angebaute Hopfendolden aus dem unternehmenseigenen Schau-Hopfengarten, die direkt nach dem Pflücken in den Sud kommen. Das ist zwar auf der einen Seite eine Innovation für die Brauerei, auf der anderen Seite zeigt aber auch dieses Produkt die Besinnung auf traditionelle Werte: „Ein Bier wie aus der guten alten Zeit!“, so beschreibt Kramer sein neues Grünhopfenbier.

Trotz aller Veränderungen und Innovationen hat sich St. GeorgenBräu eine wichtige Sache bewahrt: Der Fokus der Brauerei liegt nach wie vor auf dem naturtrüben Kellerbier. Das St. GeorgenBräu Kellerbier wird immer noch nach uralter, überlieferter Brauart hergestellt: klassische kalte Hauptgärung bei 7 bis 8 Grad, wochenlange Lagerung und Reifung in den kalten Buttenheimer Kellern, keine Pasteurisierung und auch keine Kurzzeiterhitzung, so dass die Hefe und alle wertvollen Inhaltsstoffe erhalten bleiben – ganz traditionell und nach altbewährter Methode. Die Buttenheimer Brauerei war mit dieser Biersorte Vorreiter und viele Jahre nahezu allein auf dem Markt. „Wir waren die ersten, die vor mehr als 80 Jahren echtes Kellerbier in Flaschen abgefüllt haben“, erzählt Norbert Kramer. Dass es heute im Gegensatz zu früher viele Mitanbieter in diesem Marktsegment gibt, sieht Kramer sogar eher positiv: „Nun weiß jedenfalls jeder, was ein Kellerbier ist.“

In der Region Oberfranken ist die Brauerei fest verwurzelt, hier liegt ihr Hauptabsatzgebiet. Doch auch Kramer verkauft seine Produkte über die deutschen Grenzen hinaus. Der Export macht einen stetig wachsenden Anteil des Absatzes aus, gerade das originale Kellerbier sei im Ausland sehr beliebt und gefragt, erklärt er. Kramer und sein Team sind fest davon überzeugt, dass ihre Kunden stark auf die Zertifizierung Bayerisches Bier g.g.A. achten – egal, ob sie aus der Region stammen und lokal einkaufen wollen oder ob sie im Ausland wissen möchten, dass sie höchste Qualität aus Bayern kaufen. Das blaue Signet stellt für die Brauerei eine Auszeichnung dar, gleichbedeutend einem Qualitätssiegel. „Wir stehen als Familienbrauerei hinter unseren regionalen Konzepten und brauen nach wie vor sehr handwerklich“, betont Kramer. „Wir haben einen sehr hohen Qualitätsanspruch an unsere Biere und verbinden mit dem Logo auf der Flasche auch eine gewisse Wertevermittlung an unsere Kunden.“

Norbert Kramer von St. GeorgenBräu ist sich mit Georg Schneider von Schneider Weisse einig: Eine Bündelung von Interessen und Werten ist immer eine gute Sache – besonders wenn man eine Auszeichnung nutzen kann, die nur wenige Lebensmittel in Bayern tragen dürfen, die aber in der ganzen Europäischen Union und darüber hinaus einen sehr guten Ruf und einen hohen Stellenwert hat. Es gibt viele Schaumweine – aber nur den einen Champagner. Genauso hilft die Kennzeichnung als Bayerisches Bier g.g.A. überall in Europa, unverfälschten Genuss aus der bayerischen Heimat im Supermarkt zu finden. Norbert Kramer schließt: „Ich kann nur jeden dazu ermuntern, sich der Schutzgemeinschaft anzuschließen.“

Bayerischer Brauerbund

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