Große Brauereien profitieren von Craftbewegung
Die kleinen Craftbrauer haben den Weg für mehr Lust am Geschmack im klassischen deutschen Biertrinker geweckt. Finanziell profitieren davon aber vor allem die großen deutschen Brauereien, meint „Bier & Brauhaus“-Chefredakteur Falk Osterloh.
Die neue deutsche Bierkultur wächst und gedeiht – allerdings wächst sie vor allem in die Breite, nicht in die Höhe. Nach wie vor vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendwo in der Republik mindestens eine neue Brauerei oder Biermarke entsteht. Nicht selten sind es Hobbybrauer, die den Schritt in die Professionalität wagen. Die meisten von ihnen verkaufen ihr Bier aber ausschließlich in ihrer Region. Craftbrauereien, die deutschlandweit vertreiben, sind eher selten. Zu diesen gehören vielfach Brauereien, die schon seit Jahren am Markt sind und die auch gutes Bier brauen, die jedoch kaum größer werden. Kein Vergleich zu den USA oder Großbritannien, wo manche kleine Brauerei mit ihren IPAs und Stouts in kurzer Zeit zu einem großen Unternehmen wurde.
Der Grund ist: Die Deutschen sind keine Freunde von starken Aromen. Double IPAs und Sauerbiere überfordern sie – sowohl geschmacklich als auch finanziell. Diese Biere und die mediale Berichterstattung über sie haben jedoch auch im klassischen deutschen Biertrinker die Lust auf Neues geweckt. Davon profitieren die großen Brauereien, die nun nach und nach ihr Portfolio erweitern. Aber nicht um IPAs und Gosen, sondern um Keller- und Landbiere – um Biere also, die ihre Kunden weder geschmacklich noch finanziell überfordern. Denn zwar ist beispielsweise das im Jahr 2013 auf den Markt gebrachte Landbier „Grevensteiner“ der Brauerei Veltins deutlich teurer als das Veltins Pils, aber gleichzeitig deutlich billiger als das IPA vom Regal. Und Veltins hat verkündigt, dass der Absatz des Grevensteiner im vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen ist. Natürlich ist das ein Wachstum auf niedrigem Niveau. Aber in einem schrumpfenden Markt kann das für manche große Brauerei den Unterschied zwischen Gewinn und Verlust ausmachen. Insofern profitieren die großen deutschen Brauereien finanziell von der Craftbewegung mehr als die meisten Craftbrauer selbst.
Falk Osterloh