Skorpione, Frösche, Lagerbier: So tickt Grapevines einzige Brauerei

In der texanischen Kleinstadt Grapevine dreht sich alles um Wein – eigentlich.
In unmittelbarer Nähe zur Megacity Dallas hat sich in den letzten Jahren auch die einzige Brauerei der Stadt einen Namen gemacht. Selbst während des lokalen Weinfests, das jedes Jahr Anfang September stattfindet und die gesamte Innenstadt in ein rauschendes Fest verwandelt, ist bei „Hop & Sting Brewing“ jede Menge los. Bier & Brauhaus-Autorin Angela Weiß hat sich umgesehen.
Zusammen mit seinem Geschäftspartner hat Jon Powell „Hop & Sting Brewing“ 2018 gegründet.

Jedes Jahr im September verwandelt sich die 50.000-Einwohner-Stadt Grapevine zu einem regelrechten Wein-Hotspot. Mehr als 200.000 Menschen besuchen dann an drei Tagen das GrapeFest, das größte Weinfestival im Südwesten der USA. Entlang der Main Street reiht sich eine Verköstigung an die nächste, Wein aus Texas und der Welt fließt in Massen, Livemusik tönt aus allen Ecken. Wen zieht es da wohl noch in die einzige Brauerei der Stadt?

„Normalerweise ist am Wochenende sehr viel mehr los, aber es geht schon“, sagt Jon Powell und lacht. Der 39-Jährige nimmt in seinem zweiten Wohnzimmer, der Brauerei Hop & Sting Brewing, einen großen Schluck Bier und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Die Brauerei ist ebenfalls mit einem Stand auf dem Weinfest vertreten, Besitzer Jon musste zum Start in den Tag nach den Fässern sehen. Mitte September herrschen selbst im Norden von Texas immer noch weit über 30 Grad, da kommt eine Abkühlung im Gastraum der eigenen Brauerei gerade recht. An der Theke unterhalten sich Gäste mit Cowboyhüten, andere fachsimpeln über das Football-Spiel, das auf den Fernsehern gezeigt wird. Im Biergarten spendet ein großer Pekannussbaum Schatten und nimmt der Hitze ihre Kraft.

Vom Industriegebiet zur Ausgehmeile

Powell erinnert sich noch genau an die Anfänge der Brauerei, die er zusammen mit seinem Geschäftspartner und Freund Brian Burton 2018 gegründet hat. „Auf dieser Straßen gab es nur Industriekomplexe, aber wir wussten, dass der Bahnhof, die neuen Hotels und Apartments Schwung in die Gegend bringen werden“, so Powell. Beide Besitzer sind ausgebildete Brauer, kommen seit der Gründung selbst aber kaum noch dazu. Er sei Präsident, Gründer, Brauer, Müllmann, Klempner und Buchhalter von Hop & Sting, alles zur gleichen Zeit, so Powell. Heute arbeiten 13 weitere Angestellte im Team der Brauerei, die sich insbesondere im Bereich der Lagerbiere einen guten Ruf erarbeitet hat.

Doch Lager zu produzieren bedeutet auch weniger Platz für andere Biere in den Kesseln. Allein das „Aluminium Cowboy“, ein American Light Lager, nimmt drei Tanks in Anspruch. „Wir filtern unsere Biere nicht, trotzdem ist das Lager ganz klar. Das kommt von der relativ langen Zeit, die das Bier in den Tanks verbringt“, sagt Powell. Aufgrund der insbesondere in den Sommermonaten sehr harschen klimatischen Bedingungen werden in Texas kaum Braugerste und Hopfen angebaut. Die Brauerei bezieht ihr Malz deswegen aus Colorado, der Hopfen kommt dagegen von überall auf der Welt.

Herbstzeit ist Chili-Bier-Zeit

Neben verschiedenen Lagerbieren fließen bei Hop & Sting auch ein Wheat Ale, Brown Ale, Hefeweizen, verschiedene IPAs, Sauerbier und saisonale Spezialitäten aus dem Zapfhahn. Das Curse of the 7 Scorpions kommt jedes Jahr in limitierter Auflage in den Ausschank und ist meist nur kurzer Zeit wieder vergriffen. „Es ist ein Mango-Chili-IPA und bringt eine fein ausbalancierte Schärfe, aber auch fruchtige Noten mit sich“, sagt Powell.  Die Chilis, die im Braukessel landen, sind handverlesen. „Die Mutter von einem unserer Brauer züchtet diese extrem scharfen Schoten und im Herbst ist Erntezeit“, erklärt der 39-Jährige.

Wenn ein Skorpion über’s Wasser will

Nicht nur das Chili-Bier hat im Namen etwas mit Skorpionen zu tun, auch der Name der Brauerei geht auf eine Tier-Fabel zurück. Die Kurzfassung von The Scorpion and the Frog geht so: Der Skorpion fragt den Frosch, ob er ihm helfen könne, über den Fluss zu schwimmen. Der Frosch verneint, schließlich wolle er nicht vom Skorpion gestochen werden. Der Skorpion erwidert, dass er dies nie tun würde, denn den Frosch zu töten, wäre das sichere Todesurteil für beide. Der Frosch willigt schließlich ein und schwimmt mit dem Skorpion auf dem Rücken über den Fluss. In der Mitte des Gewässers sticht der Skorpion zu. Der Frosch fragt mit seinem letzten Atemzug: „Warum hast du das gemacht?“. Der Skorpion antwortet: „Ich konnte nicht anders, es liegt in meiner Natur.“ Jon Powell lacht, während er die Geschichte erzählt. Er sei der Frosch, sein Geschäftspartner Brian der Skorpion. „Ich war am Anfang ein bisschen zögerlich, Brian hat mich etwas überredet, die Brauerei zu eröffnen – und hat mich zum Glück bis heute noch nicht umgebracht“, sagt Powell. Humor stehe trotz der vielen Arbeit immer im Vordergrund für die Freunde. Das Bier nehme man ernst, sich selber aber keinesfalls.

Fokus auf die unmittelbare Umgebung

Die Brauerei als Ort für alle – das ist die Vision der Besitzer. Besonders wichtig ist ihnen dabei auch die Gemeinschaft im Ort und unter den Brauern. Die Zahl der Brauereien ist in der Region Dallas und Fort Worth in den letzten Jahren stark gestiegen. 2018 waren es noch 10, nun gibt es um die 70 Brauereien in der Metropolregion. Bei Hop & Sting konzentriert man sich nicht zuletzt wegen der gestiegenen Konkurrenz auf das Angebot vor Ort in Grapevine und im umliegenden 25-Kilometer-Radius. „Wir füllen in Dosen ab und sind bei einer großen Supermarktkette und mehreren kleinen Märkten im Sortiment, unser Fokus liegt aber hier in Grapevine“, sagt Powell. In Spezialitätenläden, zahlreichen Restaurants und natürlich bei der Brauerei selbst gibt es ihre Biere zu kaufen.

Neben der Offenheit für alle Gäste in der Brauerei spendet das Brauer-Team seit dem ersten Verkaufstag ein Prozent des Umsatzes an wohltätige Zwecke in Grapevine. „Wir haben momentan neun Organisationen, an die das Geld in gleichen Teilen geht“, sagt Powell. In 2023 lag der Umsatz der Brauerei bei 2.3 Millionen Dollar.

Grape Ale in 2025?

Den positiven Trend der Brauerei zu bestätigen, wechselnden Rohstoff- und Versicherungspreisen zu trotzen und sich dabei nicht selbst zu verlieren, sind die Herausforderungen für 2025. Zudem soll der Biergarten der Brauerei erweitert und eine kleine Bühne für lokale Bands und Musikschaffende gebaut werden. Das nächste GrapeFest ist auch schon wieder für Mitte September 2025 terminiert und Powell hat eine Idee. „Wer weiß, vielleicht sind wir nächstes Jahr ja mit einem eigenen Grape Ale auf dem Festival vertreten“, sagt er und lächelt. Für alle, die Bier lieben aber vom Wein nicht lassen können.

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