Individualflaschen führen das Mehrwegsystem ad absurdum

Um sich von der Konkurrenz abzugrenzen, setzen immer mehr Brauereien auf Individualflaschen. Was schön aussehen soll, entwickelt sich zunehmend zu einem betriebswirtschaftlichen und ökologischen Irrsinn, kritisiert Stephan Verdi, 1. Braumeister der Brauerei Gold Ochsen aus Ulm.
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Kritik an Individualflaschen

Um sich von der Konkurrenz abzugrenzen, setzen immer mehr Brauereien auf Individualflaschen. Was schön aussehen soll, entwickelt sich zunehmend zu einem sowohl betriebswirtschaftlichen als auch ökologischen Irrsinn, kritisiert Stephan Verdi, 1. Braumeister und technischer Betriebsleiter der Brauerei Gold Ochsen aus Ulm.

Der Sommer ist da – und damit steigt die Lust auf ein erfrischendes Bier. Gerade in den heißen Monaten wird es – nicht nur für die Brauerei Gold Ochsen – jedoch immer schwieriger, der hohen Nachfrage nach Flaschenbier gerecht zu werden. Das liegt keinesfalls an der Produktion selbst, sondern an der sich verschärfenden Leergutsituation. Mittlerweile beträgt der Fremdflaschenanteil, der von der Brauerei Gold Ochsen nicht wiederverwendet werden kann, bis zu 50 Prozent. Die Folge: Die buntgemischten Kästen stapeln sich meterhoch im Hof.

Vor diesem Problem stehen auch viele andere mittelständische Brauereien. Denn die Zeiten, in denen bundesweit noch größtenteils einheitliche Flaschen – in NRW-, Euro- oder Longneck-Form – zum Einsatz kamen, sind längst vorbei. Heute präsentiert sich dem Biertrinker eine Fülle von unterschiedlichen Flaschenvarianten, die der Markenindividualität Ausdruck verleihen sollen. Die Vielfalt reicht von Braun-, Grün- und Weißglas inklusive spezifischer Prägung bis hin zu unterschiedlichsten Formen – laut Experten inzwischen weit über 100 im Biermarkt. Das ursprünglich auf Nachhaltigkeit ausgelegte Mehrwegsystem wird dadurch ad absurdum geführt. Denn hoher Sortier- und Reinigungsaufwand sowie lange Transportwege zur Rückführung der Flaschen an ihren Ursprung stehen der ökologischen Mehrweg-Idee mittlerweile klar entgegen, von den damit verbundenen Kosten ganz abgesehen.

Den Endkunden für das Problem sensibilisieren

So sortiert Gold Ochsen Fremdflaschen vor der Reinigung aus. Diese werden von einem überregionalen Dienstleister abgeholt, sortiert und an die jeweiligen Ursprungsbrauereien zurückgeführt. In der Regel wird von den Sortierfirmen der halbe Pfandpreis erstattet, also vier Cent pro Flasche. Somit sind die restlichen vier Cent verlorenes Pfandgeld. Bei Bügelflaschen liegt der Pfand bei 15 Cent Pfand pro Flasche, auch hier wird die Hälfte ausgezahlt.

Aus unserer Sicht müsste die Sortierung eigentlich auf Seiten des Getränkefachgroßhandels und des Lebensmitteleinzelhandels erfolgen. Dennoch kann man diesen Akteuren nicht alles aufbürden, schließlich sind auch sie nicht Schuld an dieser Misere und haben zudem mit akutem Fachkräftemangel zu kämpfen. Um das Problem lösen zu können, muss eine Einigung zwischen allen Beteiligten angestrebt werden. Es haben schon entsprechende Gespräche zwischen Getränkefachgroßhandel, Lebensmitteleinzelhandel und Brauereien stattgefunden. In dem Zusammenhang positioniert sich die Brauerei Gold Ochsen als klarer Verfechter der Normflasche und möchte die eigenen Partner aus Handel und Gastronomie sowie Endkunden sensibilisieren. Denn diese können sowohl mit dem Einkauf als auch mit der Flaschenrückführung entscheidend zur Lösung beitragen.

Stephan Verdi

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