Zu jedem Bierstil gibt es weltweit einige Marken, die Bierliebhaber zum Schwärmen bringen. In Bier & Brauhaus treten vier der großen Biere eines Stils in einem Kampf der Giganten gegeneinander an. Wer wird gewinnen? Welches Bier ist das Beste der Besten?
Einer der köstlichsten und komplexesten Bierstile ist das Imperial Stout: Knackige Röstaromen, Anflüge von Malzsüße, eine Prise Kakao, ein Schuss Espresso, ein Quantum Nuss oder Pflaume und subtile Gewürznoten mit Zimt, Nelke oder Süßholz. Dazu schwarz wie die Nacht und gekrönt von einem sämigen, schmeichelnden Schaum. Es gibt so viel zu entdecken in jenem intensiven und gehaltvollen Bier, das sich bei Trinktemperaturen von 12 bis 14 °C ideal entfaltet.
Für viele Biertrinker wird Stout heute gleichgesetzt mit der irischen Brautradition des eher trockenen Dry Stouts und den Erzeugnissen der weltbekannten Guinness Brauerei aus Dublin. Imperial Stout, die Weiterentwicklung von Stout und Porter, nimmt seinen Ausgang im England des 18. Jahrhunderts, der Hoch-Zeit der britischen Handelsflotten auf den Weltmeeren.
Besonders im Baltikum schätzt man die Spezialität, die für den Transport gerne kräftiger eingebraut wird. Sie wird intensiv gehopft, und ein starker Alkoholgehalt hilft das Einfrieren bei kalten nordischen Temperaturen zu verhindern.
Legendär ist die Geschichte, die erzählt, welche immense Wertschätzung dem Bier am russischen Zarenhof entgegen gebracht wurde – insbesondere von Zarin Katharina, der Großen. Als junge Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst heiratete sie den späteren Zaren Peter III. Hieraus resultiert die heute noch von Craftbrauern gerne interpretierte Variante des „Russian Imperial Stout“. Modernen Kreativbrauer ergänzen zuweilen weitere Zutaten, wie Kaffee und Kakao, und erzielen sehr spannende Ergebnisse mit der Nachreifung des Bieres in Whisk(e)yfässern.
Vier prachtvolle Vertreter der klassischen britischen Imperial Stout-Kategorie steigen in den Ring, um den Gaumen zu überzeugen. Gleichzeitig treten vier Länder an, was beweist, wie international und facettenreich der Bierstil heute interpretiert werden kann.
Riegele Noctus 100
10,0 % ABV
Schwarz wie die Nacht muss ein Noctus 100 sein. Zugleich kraftvoll und subtil. Herrlich samtiger Schaum, der einen Duft von Kaffee und dezentem Rauch entfaltet. Dann gesellen sich Trockenfrüchte und Gewürze hinzu. Sehr ausgewogenes Spiel von Süße, Säure und Bittere. Der Nachhall ist lang und wuchtig. Das Bier wird noch schöner, wenn es allmählich wärmer wird.
Fuller’s Imperial Stout
10,7 % ABV
London ist die historische Heimat der Stout Biere. Die Fuller´s Brauerei bringt seit 2013 eine limitierte Edition eines Imperial Stout heraus. Herrlich geschmeidig ist das Mundgefühl. Karamell, Vanille und Bitterschokolade treffen auf Kirsche. Eher ungewöhnlich sind die subtilen floralen Noten. Der Nachhall ist ewig lang und gewaltig. In dessen Verlauf umspielen Aromen von Zwetschge und Lakritz die vielschichtigen Würz- und Malznoten. Der Ausklang hinterlässt eine angemessene trockene Bittere.
Guinness Special Export
8,0 % ABV
Legendäre Werbekampagnen zaubern Bierfreunden weltweit ein Schmunzeln auf die Lippen. Dazu gilt Guinness für viele natürlich als der schiere Inbegriff von Stout, seit Arthur Guinness 1750 seine Brauerei im irischen Dublin eröffnete, um alsbald neue Qualitätsmaßstäbe zu setzen. Das Special Export duftet nach Röstmalz und verrät sofort seinen Alkoholgehalt. In den süßen Auftakt gesellen sich Kaffee, Datteln, Rosinen, Melasse und Muskat. Der Nachhall ist beständig und klingt sehr trocken mit einem Hauch Bitterschokolade aus. Die hochprozentige Rarität ist zuweilen in gut sortierten Asia-Märkten zu finden
North Coast Brewing Old Rasputin
9,0 % ABV
Der mysteriöse und undurchschaubare Rasputin verweist auf die Biertradition des Imperial Stout am russischen Zarenhof, die von North Coast Brewing auch im sonnigen Kalifornien fortgesetzt wird. Kraftvoll und filigran gelangen Noten von Kaffee, Toffee und Süßholz an Nase und Gaumen. Dazu prachtvolle Röstaromen und eine ausgewogene Bitternote im endlosen Nachhall. Auf dem Etikett verraten kyrillische Buchstaben: „Ein echter Freund wird nicht auf der Stelle geboren.“ Echte Freude verspricht jedenfalls Old Rasputin.
Die Auflösung
Platz 1: Fuller´s Imperial Stout
Platz 2: North Coast Brewing Old Rasputin
Platz 3: Riegele Biermanufaktur Noctus 100
Platz 4: Guinness Special Export
Ausgewogen, kraftvoll und subtil zugleich ist der Erstplatzierte: Fuller´s Imperial Stout. Etwas weniger krawallig und geschmeidiger als North Brewing Rasputin; die Alkoholstruktur noch perfekter eingebunden als beim Riegele Noctus 100; deutlich komplexer als das sehr süffige Guinness Special Export. Ganz billig ist das Fuller´s nicht, der Preis liegt bei 8 bis 10 Euro, aber es ist jeden Cent wert: gebraut mit Centennial Hopfen und Rosenblüten. Perfekte Balance und voluminöse Komplexität. Dazu ein vielversprechendes Reifungspotenzial in der Flasche. Die aktuelle Charge ist mindestens bis 2023 genießbar
Peter Eichhorn