Herkunft der Bieraromen

Dr. Michael Zepf, Mitglied der Geschäftsleitung der Doemens Akademie, erklärt, welche Bieraromen durch Wasser hervorgerufen werden.
Brauwasser
Herkunft von Bieraromen Wasser

Wasser

Dass Bier aus Wasser, Gerste, Hopfen und Hefe hergestellt wird, ist klar. Wie genau diese vier Rohstoffe die vielfältigen Bieraromen – einzeln und im Zusammenspiel untereinander – hervorrufen, ist allerdings eine Wissenschaft für sich. In B&B erklärt Dr. Michael Zepf, Mitglied der Geschäftsleitung der Doemens Akademie, welche Aromen durch welche Rohstoffe hervorgerufen werden. Der erste Teil der Serie beschäftigt sich mit dem Brauwasser.

Noch vor wenigen Jahren hätte die Frage: „Wie würdest du das Bier XY beschreiben?“ bei den meisten Biertrinkern wohl ein verständnisloses Achselzucken oder eine Antwort wie „gut“ oder „ungenießbar“ ausgelöst. Heute beschäftigen sich Tausende von Bierliebhabern mit dieser Frage und stellen ihre zum Teil sehr ausführlichen Beschreibungen auf zahlreichen deutschen Internetportalen wie etwa bierbasis.de, bier-index.de oder internationalen Portalen wie ratebeer.com oder ­beeradvocate.com der Allgemeinheit zur Verfügung.

Obst, Schokolade, Kräuter und Gebäck

Liest man die Beschreibungen durch, so fallen die vielen Aromen auf, die die Verkoster in den Bieren finden. Die Aromen stammen aus so verschiedenen Bereichen wie Obst, Schokolade, Kräuter, Blumen, Gebäck, Kaffee, Nadelbäume, Lakritz… Diese riesige Vielfalt an Aromen führt zwangsläufig zu der Frage: „Woher stammen sie?“. Die Antwort ist auf der einen Seite sehr einfach: aus den Rohstoffen des Bieres. Doch auf der anderen Seite ist diese Antwort unvollständig.

Beschäftigt man sich etwas näher mit dieser Frage, wird man feststellen, wie faszinierend das Thema ist. So muss die Antwort wesentlich komplexer ausfallen, da die Aromen meist nicht direkt aus den Rohstoffen in das fertige Bier gelangen, sondern häufig erst auf den verschiedenen Stationen des Brauvorgangs entstehen. Sowohl chemisch-physikalische als auch biochemische Reaktionen sind hierfür verantwortlich.

Neben den Rohstoffen spielen auch die Brautechniken eine entscheidende Rolle. Erst bei einer näheren Betrachtung erschließen sich die Ursachen und Wirkungen, die das Brauhandwerk tatsächlich zur Braukunst machen. Die Rezeptur für ein Bier allein ist noch längst nicht der Schlüssel zum Bier, denn erst der richtige Umgang mit den Rohstoffen lässt ein perfektes Bier entstehen. Der Braumeister kann daher, je nach Erfahrung und Geschick, wie auf einer Orgel die gewünschten Bieraromen aus seinen Rohstoffen, den jeweils angewandten Brautechniken und der darauf angepassten Brautechnologie komponieren.

Der Einfluss des Brauwassers

Sieht man von eventuellen ungewollten Fehlaromen im Brauwasser ab, die sich bis ins fertige Bier durchsetzen können, hält sich trotz des hohen Anteils des Wassers im Bier mit etwa 90 bis 95 Prozent die direkte Auswirkung auf das Bieraroma in sehr engen Grenzen. Dennoch lohnt ein Blick auf die indirekten Zusammenhänge zwischen dem Brauwasser und den Bieraromen.

Die Zusammensetzung des Brauwassers mit unterschiedlichen Mengen und Verhältnissen an Ionen beeinflusst den Charakter des Bieres. So ist bekannt, dass das Calciumchlorid (CaCl2) des Brauwassers im Bier zu einem volleren und weicheren Geschmack führt, wobei Calciumsulfat (CaSO4) eher zugeschrieben wird, dem Bier einen trockenen Charakter und unter Umständen eine Hopfenblume zu verleihen.

Restalkalität hat große Auswirkungen auf den Maische-pH

Die Auswirkung auf das Hopfenaroma wird jedoch durchaus unterschiedlich diskutiert. So führte zum Beispiel in einer Versuchsreihe die Zugabe von Calciumsulfat zum Brauwasser im Vergleich zu Calciumchlorid zu einem signifikanten analytischen Anstieg des Hopfenaromaindikators Linalool, während die sensorische Bewertung das Gegenteil zeigte.

Darüber hinaus hat bekanntermaßen die Brauwasserzusammensetzung und die daraus resultierende Restalkalität eine große Auswirkung auf den Maische-pH und damit auf die Enzymwirkung. Dadurch beeinflusst das Wasser die Würzezusammensetzung und damit indirekt auch die Aromenbildung. Denn zahlreiche gelöste und nicht-flüchtige Würzeinhaltsstoffe werden durch den Hefestoffwechsel in flüchtige Komponenten umgewandelt. Als Beispiel hierfür dient die Ehrlich-Reaktion, auch bekannt als Aminosäuregärung, bei der nicht-flüchtige Aminosäuren in flüchtige und damit aromawirksame höhere Alkohole umgesetzt werden, die ihrerseits zu aromaintensiven Estern weiter reagieren können.

pH-Wert beeinflusst die Maillard-Reaktion

Der von der Brauwasserzusammensetzung beeinflusste pH-Wert der Maische hat zudem auch eine Auswirkung auf die Geschwindigkeit möglicher Oxidationsreaktionen während des Maischens. Als Beispiel hierfür dient die Lipidoxidation durch das Enzym Lipoxygenase (LOX), die zu unerwünschten Alterungsaromen führt und deren Aktivität bei niedrigerem Maische-pH deutlich absinkt.

Weiterhin steht der Würze-pH im direkten Zusammenhang mit der Isomerisierung der alpha-Säure im Hopfen und damit der Bittere im Bier. Hierbei führt ein höherer pH-Wert zu einer besseren Isomerisierung, also Umwandlung des Moleküls durch Änderung der Atomfolge. Letztlich sei auf die pH-Wert-Auswirkung auf die Maillard-Reaktion verwiesen, die sowohl für die Bildung von Karamell- als auch Röstaromen verantwortlich ist und deren Wirkung durch höhere pH-Werte während des Maischens, Läuterns und Würzekochens intensiviert wird.

Viel entscheidender als das in der Bierwerbung häufig in den Mittelpunkt gestellte Brauwasser werden die Bieraromen jedoch durch Malz, Hopfen, Hefe sowie den Brauprozess mit seiner Technik und der jeweils darauf abgestimmten Brautechnologie beeinflusst. All die Hintergründe und Zusammenhänge der Bieraromenbildung werden in den weiteren Artikeln dieser Reihe beleuchtet.

Dr. Michael Zepf, Mitglied der Geschäftsleitung der Doemens Akademie

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