Der größte Übeltäter ist das Ethanol
Wer kennt das nicht? Am Abend ein Glas zu viel (na, sagen wir drei) und der nächste Morgen begrüßt uns mit deftigen Kopfschmerzen. Und man denkt sich: Muss das so sein? Die kurze Antwort ist: Ja. Die lange gibt Dipl.-Ing. Burghard Meyer, Bereichsleiter „Internationale Brauerkurse“ an der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei (VLB) in Berlin.
Wieviel man getrunken haben muss, um am nächsten Morgen mit Kopfschmerzen aufzuwachen, ist zunächst einmal individuell sehr unterschiedlich und abhängig vom körpereigenen Alkoholmetabolismus, der persönlichen Fitness, dem derzeitigen Wohlbefinden, der Empfindlichkeit gegenüber anderen noch im Bier vorhandenen Inhaltsstoffen und davon, ob man noch weitere Drogen wie Tabak konsumiert hat.
Grundsätzlich können verschiedene im Bier enthaltene Substanzen nach übermäßigem Genuss zu Kopfschmerzen führen. Der größte Übeltäter ist aber in jedem Fall das Ethanol. Denn es verursacht eine Dehydrierung der Körperzellen und damit eine Störung des Elektrolytgleichgewichts, eine Senkung des Blutzuckerspiegels sowie Störungen der Verdauung und des Schlaf- und Biorhythmus´.
Störung des Elektrolythaushalts
Am schwersten wiegt jedoch die Störung des Elektrolythaushalts. Elektrolyte gehören zu den Mineralstoffen. Die wichtigsten Elektrolyte für den Menschen sind Calcium, Natrium, Chlor, Kalium und Magnesium. Sie regulieren unter anderem den Wasserhaushalt des Körpers. Beim übermäßigen Alkoholkonsum verliert der Körper viel Flüssigkeit, weil Bier harntreibend wirkt. Da sowohl das Wasser selbst als auch die in ihm gelösten Mineralien essentiell für den Ablauf aller Stoffwechselvorgänge im menschlichen Körper sind, führt eine Unterversorgung zu Zellschädigungen und Schädigung des Nervensystems. Darauf reagiert der Körper mit Kopfschmerzen.
Darüber hinaus kann Ethanol sowohl zu Gefäßverschlüssen führen als auch Einfluss auf unterschiedliche Neurotransmitter und Hormone wie Histamin und Serotonin nehmen. Beides kann ebenfalls zu Kopfschmerzen führen.
Abbau fällt dem Körper schwer
Neben Ethanol können bei der Gärung auch sogenannte Begleitalkohole (früher Fuselalkohole genannt) entstehen, zum Beispiel n-Propanol und Isobutanol. Ethanol hat die chemische Formel C2H5OH. Es besitzt also zwei Kohlenstoffatome. Begleitalkohole sowie höhere Alkohole haben zum Teil deutlich mehr Kohlenstoffatome. Der Abbau dieser Alkohole fällt dem Körper deshalb deutlich schwerer. Je mehr höhere Alkohole und Begleitalkohole im Bier enthalten sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man Kopfschmerzen bekommt. Das Kopfschmerzpotential höherer Alkohole ist jedoch relativ gering, da sie im Vergleich zum Ethanol in viel geringerer Konzentration im Bier vorliegen.
Beim Abbau von Ethanol im menschlichen Körper entsteht zunächst Acetaldehyd, eine sehr reaktive Substanz, die sich an wichtige körpereigene Substanzen wie Proteine binden kann. Bei höheren Konzentrationen ist Acetaldehyd insofern als giftig einzustufen. Bei den meisten Personen wird Acetaldehyd jedoch relativ schnell weiter verstoffwechselt.
Niedriges Kopfschmerzpotenzial
Ester liegen im Bier als Gärungsnebenprodukt in einer Menge zwischen 15 bis 30 parts per million (ppm) vor. Im Körper werden sie langsamer als zum Beispiel höhere Alkohole abgebaut. Auch ihr Kopfschmerzpotential ist allerdings als sehr gering einzustufen.
Weitere Gärungsnebenprodukte sind biogene Amine wie Histamin sowie Diacetyl, Glycerol und Phenole. Biogene Amine können bei einigen Menschen aufgrund von allergischen Abwehrreaktionen zu Kopfschmerzen führen. Ansonsten liegen sie in so geringer Konzentration im Bier vor, dass sie in der Regel keine Kopfschmerzen verursachen. Diacetyl, Glycerol und Phenole haben überhaupt kein Kopfschmerzpotential.
Burghard Meyer