Schon früh genossen Menschen Alkohol. Wann sie genau Bier gebraut haben, ist allerdings nicht eindeutig geklärt. Doch als mit dem Übergang zur bäuerlichen Lebensweise Getreide kultiviert und gezielt angebaut wurde, war es in großer Menge auch für die Bierherstellung verfügbar. So liefern neuere archäologisch-naturwissenschaftliche Untersuchungen entsprechende Hinweise darauf, dass bereits in den ältesten Pfahlbausiedlungen am Bodensee und in der Schweiz aus Gerstenmalz, Emmer und Brot ein einfaches, milchsäuerlich-spritziges Bier gebraut wurde.
Unverzichtbar für Jedermann
Doch nicht nur in Europa war Bier damals ein beliebtes Getränk: Fast zeitgleich findet sich in Hierakonpolis (um 3760 v. Chr.) am Nil die erste Großbrauerei. Dort gehörte das leicht alkoholische Bier zu den wichtigen Lebensmitteln, mit denen sogar Arbeiter entlohnt, den Göttern gehuldigt und Kranke therapiert wurden. Denn im Gegensatz zu manchem Wasser war es frei von krankmachenden Keimen und versorgte die Menschen mit wertvollen Nährstoffen. Die Herstellung dieses früher leicht verderblichen Trankes wurde in hunderten von Reliefs, Holzmodellen und Steinplastiken verewigt.
In Mesopotamien bezeugen alte Schriften wie der „Codex Hammurabi“, dass Bierbrauen Frauensache war. Das Bier verkauften einige von ihnen in ihren eigenen Schankwirtschaften. Gleichzeitig belegen archäologische Ausgrabungen, dass ebenso im häuslichen Umfeld gebraut wurde: Im syrischen „Tall Bazi“ (um 1300 v. Chr) fanden sich in den Häusern nahe dem Herd regelmäßig auch Braugefäße, die darauf deuten, dass hier nicht nur gekocht, sondern auch Bier gebraut wurde.
Alkohol fürs Prestige
Rund 800 Jahre später gibt es auch in Europa Hinweise auf Biergenuss, und dies sogar in fast industriellem Ausmaß: in einer Siedlung im Umfeld des Fürstengrabes von Eberdingen-Hochdorf (Enzkreis) fand man Darren, wo großen Mengen Gerstenmalz über dem offenen Feuer gedarrt wurden. Die Menge des hier produzierten Malzes war ausreichend, um damit rund 1000 Liter Bier bei einem Alkoholgehalt von 5% herzustellen. Vermutlich tischten die regionalen Fürsten bei Festgelagen und Feierlichkeiten nicht nur Wein und Met auf, sondern servierten auch Bier und mit Bier und Honig versetzte alkoholische Mischgetränke.
Risiken gering halten
An anderen Orten brauten Kelten eher für den Hausgebrauch: in der Heuneburg, einer keltischen Metropole im heutigen Oberschwaben, fanden sich Darraufsätze, die von der Größe zu Kesseln aus Gräbern im Umfeld passten. Vermutlich wurden kleinere Malzdarren verwendet, um das Risiko eines Brandes in der engen Siedlung möglichst gering zu halten.
Egal, ob für den Hausgebrauch oder ein riesiges Fest: das keltische Bier wies eine große Vielfalt auf und unterschied sich in vielerlei Hinsicht von unseren heutigen Sorten. Durch das Malz, das über offenem Feuer getrocknet wurde erhielt es eine leicht rauchige Note. Da Hopfen damals noch nicht bekannt war, verwendete man stattdessen vor allem Mädesüß, aber auch Minze, Beifuß und Thymian, ebenso Honig. Mit dem Erwärmen der Maische und der Würze durch Kochsteine kam zudem ein leichter Karamellgeschmack hinzu. Ebenfalls muss man von einer Spontangärung durch obergärige Hefen ausgehen, die den Zucker in Alkohol umwandelten. Gleichzeitig wurde eine Milchsäuregärung gestartet, die jedoch die Bekömmlichkeit und Haltbarkeit des Bieres gefördert hat.
Mädesüß und Minze als Würze
Im Federseemuseum kann man seit neuestem ein „Braggot“ erhalten, das gewürzt mit Mädesüß und Minze den keltischen Pendants sicherlich sehr nahekommt. Im Zuge der Sonderausstellung hat Brauer Frank Bittner von der „Mikrobrauerei Gigelberg“ dieses Getränk auf Grundlage von Pollenanalysen eines Bronzekessels aus einem Kriegergrab nahe der Heuneburg, kreiert.
Passend zu der aktuellen Sonderausstellung kann an folgenden Thementagen Bierkultur erlebt werden:
15.08.-18.08.,Archäologie im Experiment – vom Bier zur Topfkruste: Jessi Berndt setzt ihre Versuchsreihe fort, in der sie versucht zu verstehen, wie die steinzeitlichen Topfkrusten entstanden.
01.09., Männerglück, Schornsteinfegerle und Highländerle – die Sortenvielfalt von Speidel’s BrauManufaktur: Speidel’s BrauManufaktur gibt einen Einblick in die Vielfalt moderner Biere.
19.09., Wohl bekomm‘s. Humorvolle Bierverkostung der Schussenrieder Brauerei Ott: Jürgen Holzheu führt auf unterhaltsame Weise durch die historische Bierwelt der Schussenrieder Brauerei.
22.09., Steinbier – eine mittelalterliche Spezialität?: Michael Attinger, der Brauer des Stifts Scheuer in Kirchheim, braut vor den Augen der Besucher*innen ein mittelalterliches Steinbier.
20.10., Bier mit Tradition. Präsentation historischer Biere der Schussenrieder Brauerei Ott: Jürgen Holzheu stellt die Vielfalt der Schussenrieder Biere vor, die noch heute nach historischen Rezepten gebraut werden.
Infos zum Museum:
Direkt am oberschwäbischen Federsee gelegen, beleuchtet das Federseemuseum die frühe Kulturgeschichte von den eiszeitlichen Rentierjägern bis zu den Kelten. Während in der Dauerausstellung Objekte aus 15 000 Jahren und im Freigelände 1:1 Nachbauten von Dorfauschnitten und weiteren Rekonstruktionen den Besuchern das Leben der Menschen anschaulich näherbringen, laden wechselnde Sonderausstellungen ein, tiefer in bestimmte Themen einzutauchen.